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Einen Mann und ein Glas Wein bitte

Ich sitze hier im Büro und habe eigentlich einen Termin einzuhalten. Bis nächste Woche muss der Quartalsabschluss fertig sein und im Konzernsystem hochgeladen werden. Fehler oder Differenzen kann ich mir nicht erlauben, da dieser Abschluss sehr wichtig ist und auch die Zeit hätte ich gar nicht um mich auch noch darum zu kümmern, aber wisst ihr was. Es ist mir gerade absolut egal.
Warum? Mich beschäftigen gerade andere Dinge.
Meine Gesundheit. Mein Liebesleben. Welches Liebesleben? Meine Finanzen. Alles scheiße.
Ich bin dreißig Jahre alt, bin seit über vier Jahren Single. In diesen VIER Jahren, hatte ich EIN Tinder Date, das bei einem Date blieb.

Meine Finanzen, sind seit meiner letzten Beziehung nicht miserabel, aber was soll ich sagen? Ich zahle seitdem jährlich tausende Euro an einem Kredit ab. Es könnte also besser sein.
Ach und die Gesundheit? Ja, das kommt daher das ich seitdem ich aus Frust in meiner letzten Beziehung das Schokomonster war, auch einige Pfunde mehr auf den Rippen habe, denen ich den Kampf angesagt habe.
Nach vier Jahren. Oh man. Was soll man dazu noch sagen. Ahhh genau ich werde in einigen Wochen bereits einunddreißig. UND ich lebe mit meinen Eltern unter einem Dach. Ja ich hab zwar meine eigene Wohnung, aber dennoch leben wir unter einem Dach.
Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich Dinge regelmäßig höre, wie „Wann heiratest du denn endlich, du wirst nicht jünger?“ oder „Du solltest auf deine Ernährung achten und abnehmen.“ Oder „Noch ein Paket? So langsam sieht es hier aus wie in einem Warenlager, so kann das nicht weiter gehen.“
Ach ja ist das nicht toll? Mit fast 31 hätte ich mir das eher so vorgestellt. Ich habe schon die halbe Welt bereist, mit meiner großen Liebe, mit dem ich dann schon seit Jahren zusammen bin, eine schöne Hochzeit gefeiert in engstem Kreis und wir haben eine wunderschöne Stadtwohnung, die uns und unsere Reisen widerspiegelt. Ich passe perfekt in jede Jeans die in meinem Schrank ist und zieh einfach schnell ein weißes Shirt drüber, wenn wir abends eine Runde spazieren gehen, bevor wir gemeinsam kochen. Wir lieben und respektieren uns und geben uns auch den nötigen Freiraum, wir haben aber nie die Schnauze voll voneinander, weil wir gerne zusammen sind. Wir holen das beste in einander raus.

Tja, das ist nur eine Vorstellung. Ganz anders ist es bei mir hingegen. Ich ziehe mir sofort was Bequemes an, wenn ich zuhause durch die Tür komme, bereite mir schnell ein Sandwich zu, klemme mir noch meine Tafel Schokolade unter den Arm und haue mich auf die Couch. Und dann – Netflix and Chill baby. Ganz allein.
Gegen 23 Uhr schleppe ich mich ins Bad und mache mich Bettfertig. Dann noch die Spange gegen das Knirschen und ab ins riesige Bett, wo ich mich genau in die Mitte lege, weil kein Mann neben mir liegt mit dem ich dieses Bett teilen muss. Klingt super glamourös, ich weiß. Und jetzt? Geht das jetzt einfach so weiter? So a la Bridget Jones, nur ohne die ganzen Männer und ohne den Alkohol und ohne die Zigaretten?
Oh man wie gerne hätte ich jetzt eine Zigarette und dazu ein Glas Wein. Und einen Mann.